Olympiasieger! Olympic Champion! Champion Olympique! Der wichtigste sportliche Wettkampf gewonnen! Alles richtig gemacht!
Wenn man als Spitzensportler jahrelang konsequent und fokussiert auf einen ganz bestimmten Wettkampf hin trainiert, sein Leben diesem hochgesteckten Ziel mehr oder weniger alles unterordnet und man dann reüssiert, dann ist das das höchste der Gefühle! Das ganz große Rennen zu gewinnen, ist emotionsgeladen, pure Freude und schlichtweg grossartig. Alle freuen sich mit dir- du am meisten!
Man hat nur während einer ganz kurzen Phasen im Leben die Chance, seinen sportlichen Zielen nachzugehen und dieses Sportlerleben bewusst zu leben. Dies heißt hier aber auch, dass man dieses Leben auch so fuhren will und bereit ist auch auf vieles zu verzichten. Und dies nicht mit einem materiellen, sondern mit einem sich selbst genügenden Fokus. Denn Rudern ist ein Sport, der, zumindest in Mannschaftsbooten, einen bestimmten Lifestyle erfordert. Dies wurde mir so richtig bewusst, als ich vor gut eineinhalb Jahren zwei Nierenoperationen über mich ergehen lassen musste und es in der Schwebe lag, ob ich überhaupt jemals wieder auf höchstem Level Spitzensport betreiben konnten.
Spätestens nach dem Gewinn des Weltmeistertitels im vergangenen Jahr, wussten wir, dass es einzig und allein in unseren Händen liegt, ob wir 10 Monate später in Rio gross gewinnen oder grandios scheitern werden. Ein erfolgreicher Ruderer hat die Fähigkeit zu leiden und braucht eine extreme Bereitschaft, Opfer zu bringen zugunsten des absoluten Teamerfolges.
Mit dieser Einstellung bin ich im Herbst 2015 auch ins neue Training eingestiegen. Statt, wie mich in den vergangenen Jahren nach einer langen Saison gehen zu lassen und 1-2 Monate keinen Sport zu machen, bin ich bereits 10 Tage nach unserem WM-Titel ins Training eingestiegen. Ich habe bewusst auf meine Ernährung geachtet, weit weniger Gewicht zugenommen als in anderen Jahren und bin wieder fit ins Kadertraining eingestiegen. War ich jeweils beim Rennvelotrainingslager in Mallorca der Hinterste am Berg, so war ich in diesem Jahr vorne und das traditionelle Timetrial Bergzeitfahren am Ende des Lagers gewann ich sogar.
Diese Geschichte zeigt vielleicht am ehesten, wie viel ich in den letzten 10 Monaten investierte, um das ganz große Ziel zu erreichen. Klar, jahrzehntelanges Basistraining waren die Grundlage für unseren Erfolg am 11. August, aber die harten und intensiven Trainings in den Monaten vor Rio, waren entscheidend im Kampf um die Sekunden.
In Neuseeland konnten wir im Januar und Februar über längere Strecken zu viert im Vierer trainieren und konnten so in kilometerlangen Viererausfahrten unsere Grundlagenausdauer ausbauen, die Technik und Synchronität aufeinander abstimmen und uns so an die ähnlichen Verhältnisse auf dem welligen Gewässer auf dem Lagoa do Freitas in Rio vorbereiten. Das ganze Jahr über waren unsere Handlungen geprägt vom Gedanken „will it make the Boat go faster?“
Uns selbst als Goldfavoriten zu bezeichnen, kam nicht überall gut an in der Schweiz- es war dennoch die logische Konsequenz als amtierende Welt-und Europameister! Unsere Goldansprüche und den Erfolg täglich unter Beweis zu stellen, möglicherweise unter unterschiedliche Bedingungen, war nicht immer einfach, doch im entscheidenden Moment waren wir bereit und konnten unsere beste Leistung abrufen. Und genau darum geht es im Spitzensport: Es gibt viele Sportler die fit und leistungsfähig sind. Aber die eigenen Zweifel zu überlisten und es im richtigen Moment durchzuziehen-dafür braucht es Charakter und mentale Stärke und das können nur die Wenigsten! Und genau dies war die grösste Leistung von Simon, Lucas, Simon und mir: Wir konnten am 11. August unsere beste Leistung abrufen und zeigen, was wir wirklich können! Ein Bubentraum ist am 11. August in Rio in Erfülung gegangen.